Nach den Voice Days der deutschen Call-Center-Branche fand diese Woche noch eine weiter Messe in Nürnberg statt, die CRM-Expo. Auch hier war die Mission herauszufinden, inwieweit die Unternehmen sich bereits auf die Kundendialoge im Social Web eingestellt haben.
Bei den Voice Days lag der Schwerpunkt traditionell auf Sprachanwendung und gerade einmal drei Fachvorträge schnitten die Themen Communities oder Mikroblogging an.
Dankenswerterweise bot die Keynote von Ranga Yogeshwar und die anschließende Podiumsdiskussion einige Weckrufe, dass sich die Branche in einem radikalen Umbruch befände, der den Kunden wesentlich mehr Macht und Gehör verschafft. Herr Yogeshwar unterstrich, dass die Innovationsgeschwindigkeit dramatisch steigt und die „digital natives“ gerade erst heranwachsen, was hohe Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen stellt.
Ein ähnliches Bild bot sich auf der gut besuchten CRM-Expo, wo es herauszufinden galt, welche CRM-Anbieter Schnittstellen für das Social Web oder Service-Communities wie www.service-community.net anbieten. Folgender Use-Case wurde abgefragt:
Twitter-User ABC beschreibt Probleme mit seinem digitalen Zoom von KAMERA-A in einem Tweet bei Twitter. Kann das CRM-System nach KAMERA-A bei Twitter suchen, den Tweet einlesen, einen Kundendatensatz anlegen und ist ein direkter Reply eines Service-Mitarbeiters möglich, um ABC einen Link mit Tipps zuzusenden?
Lediglich Salesforce scheint sich mit dem Lauschen und dem Reagieren auf eine solche Kommunikation zu beschäftigen, obwohl viele andere CRM-Anbieter, wie Oracle On-Demand oder VTiger beispielsweise Schnittstellen und Webservice bereitstellen. Andere CRM-Systeme ermöglichen auch ein iframing oder Einlesen von RSS-Feeds, jedoch wurde im Test vor Ort deutlich, dass die CRM-Masken und Datenfelder sich oftmals nicht genügend ohne Programmieraufwand customizen lassen, um den veränderten Kommunikationsanforderungen im Social Media Bereich gerecht zu werden. Spannend dürfte es in Zukunft werden, wenn sich die Kundendialoge, egal aus welchem Webkanal, direkt mit einem Klick mit bestehenden Vorfällen oder Kundenkonten verknüpfen ließen und, wie bei Salesforce, auch auf dem jeweiligen Kanal geantwortet werden könnte. Die Entwicklerprogramme von Facebook oder Twitter bieten die dafür nötigen APIs seit Längerem, jedoch sollten Unternehmen sich genau überlegen wie und wo der Kunde eine Kontaktaufnahme durch das Unternehmen erwartet, toleriert und wertschätzt.
Beeindruckend waren verschiedene Chat-Anwendungen, die in die Website implementiert werden können und direkt aus dem CRM-Tool gesteuert werden.
Bei der Präsentation der CRM Studie 2010 von Frank Naujoks von der i2s GmbH und Ralf Korb von der asfc GmbH, spielten Social Web Technologien ebenfalls noch eine untergeordnete Rolle aber dennoch liefern die 574 komplettierte Firmeninterviews, als nicht repräsentative Umfrage, interessante Einblicke in die CRM-Branche:
Es wurden Unternehmen aus folgenden Branchen befragt: 68% Dienstleistung, 26% Industrie, 6% Handel und 46% der befragten Firmen hatten 1-99 Mitarbeiter, 10% mehr als 10.000 Mitarbeiter. 25% der Unternehmen haben ein CRM-Projekt umgesetzt, 4% abgebrochen, 17% kein Projekt geplant, was in jedem Fall ein weiteres Wachstum der Branche bedeuten dürfte, da sich der Kundenservice und Online-Vertrieb ohne CRM nur schwer bewältigen lässt. Bei 104 Unternehmen, die kein CRM-Projekt einführen wollen nannten 20% fehlende Priorität, 19% fehlende organisatorische Voraussetzungen, 9% mangelnde Managementunterstützung, was das Plädoyer der vorabendlichen Award-Verleihung unterstreicht, die CRM-Verantwortlichen mögen sich im Reporting auf die Bedürfnisse der Geschäftsführung fokussieren und schrittweise Häppchen und Benefits der CRM-Insights präsentieren.
41% der Firmen nennen als Auslöser von CRM-Projekten eine Neuorganisation der Geschäftsprozesse und 42% gar die Erschließung neuer Möglichkeiten durch neue Technologien. 50% wollen sich mit der CRM-Implementierung auch neue Zielmärkte erschließen und 24% wollen dadurch gar die Unternehmenskultur verändern, was gerade im Social Media Umfeld durch aktuelle Studien von Forrester oder IDC belegt wurde. Nur 18% haben E-Commerce-Module im Einsatz, 37% hingegen eine Marketing Automation und 62% eine Vertriebsautomation. 17% der Unternehmen haben Ihren Zeitplan 10-30% überschritten und 10% gar über 30%, was einen dringenden Handlungsbedarf bei der Planung und dem Projektmanagement aufzeigt. Die Studie zeigte zudem, dass SAP, Microsoft CRM und Oracle alle etwas über 60% Bekanntheit in der Branche haben, gefolgt von Update.com und Salesforce.com mit 33%, Sage mit 26%, CAS Software AG mit 21%, Vtiger 18%, Sales Logix 17%, SugarCRM 11% und SuperOffice 10%.
Das Gesamtfazit lautet, dass die CRM-Branche technisch für die sozialen Medien durchaus gerüstet ist aber die Unternehmen verstehen derzeit nur bedingt, welche Chancen das Mitmachinternet bietet bzw. welche Gefahren lauern, wenn Unternehmen es verschlafen sich im Web zu engagieren und Ihr CRM zu konnektieren, um den Kunden zuzuhören und Kunden dort abzuholen, wo es diese am bequemsten empfinden. So wundert es nicht, dass die Postbank bis vor einiger Zeit noch 14 Mio einheitliche Newsletter verschickt hat und nun erst dazu übergangen ist, diese zu personalisieren bzw. zielgruppengerecht anzupassen. Die Aussage eines CRM-Beraters zu seinen Kunden in der Heizungsgeräte- und Energieindustrie unterstreicht, dass einige Branchen der rasanten Technologieentwicklung hinterherlaufen: „Unsere Kunden denken gerade darüber nach, mit dem Versand digitaler Newsletter zu beginnen.“
So mancher Vorstand oder Geschäftsführer wird sich in Zukunft beim googeln seines eigenen Firmennamens wundern, wie viele Kundendialoge sich auf den ersten Trefferseiten finden, die schlichtweg am CRM-System vorbeigelaufen sind. Oftmals basieren diese gut gerankten Kundendialoge aus Foren oder Social Communities leider auf Negativerfahrungen Einzelner, die durch die Wirkung von Suchmaschinen allerdings umsatzschädigend wirken. Daher ist es enorm wichtig, dass CRM-Verantwortliche aufwachen und die Super User und loyalen Kunden identifizieren und diese gemeinsam mit dem Marketing incentivieren. In einer Service-Community auf der Firmenwebsite kann sich das Unternehmen (Beispiel ferien.de) offen den Diskussionen stellen und den Kunden einen Mehrwert bieten. Die Super User werden sich dort positiv äußern und kritischen Stimmen objektiv und neutral begegnen. Zudem ermöglicht eine Anbindung einer firmeneigenen Service-Community an das CRM-System, dass die Mitarbeiter sich direkt in der Community engagieren, die Kundenbedürfnisse besser verstehen und hilfsbereit reagieren, wenn der Kunde Probleme hat. Kunden und Mitarbeiter werden dieses neuartige Medium zu schätzen wissen und selbst die PR-Abteilung wird irgendwann vor kritischen Stimmen im Web keine Angst mehr haben, wenn geeignete Social Media Wege im Unternehmen beschritten werden....
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen